Wie viele Dinge braucht man wirklich? – Meine Erfahrungen beim Auswandern nach Mexiko
Ein neuer Lebensabschnitt mit leichtem Gepäck
Als ich vor 10 Jahren meine Reise durch Mexiko begann, mietete ich in der Schweiz einen kleinen Lagerraum für die Dinge, die ich nach meiner Rückkehr wieder brauchen würde – oder von denen ich mich einfach nicht trennen konnte. Grosse Möbelstücke wie Esstisch, Bett oder Kleiderschrank waren zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr dabei. Zur Not, dachte ich, würde auch eine Matratze reichen.
Für die Reise packte ich nur einen Koffer – und das funktionierte wunderbar. Da das Klima meist angenehm warm war, brauchte ich weder Winterjacke noch Mütze. Anfangs fühlte sich dieser Minimalismus erfrischend an. Doch nach ein paar Monaten merkte ich, dass die spärliche Auswahl an Kleidung langsam eintönig wurde. Auch einige Kleidungsstücke und Schuhe begannen durch die häufige Nutzung schneller zu verschleissen.
Vom Reisen zum Ankommen
Als ich schließlich bei meinem heutigen Mann einzog, begann ich nach und nach, Kleidungsstücke zu ersetzen und ein paar wärmere Jacken zu kaufen. Da wir in einer sehr kleinen Wohnung lebten, hielt sich der Besitz jedoch weiterhin in Grenzen – und das war auch gut so. Ich mag es lieber gemütlich als überfüllt.
Zudem musste ich weiterhin mit meinen Ersparnissen auskommen, was bedeutete, dass mein Budget nicht unbegrenzt war. Doch ich hatte mich längst daran gewöhnt, meine Lieblingsstücke öfter zu tragen und nur das Nötigste zu besitzen. Für die wenigen kalten Tage reichte eine einzige warme Jacke völlig aus.
Zurück in die Schweiz – Ein Blick auf alte Dinge
Nach neun Monaten in Mexiko kehrte ich in die Schweiz zurück, um meinen Lagerraum zu räumen – diesmal mit der festen Absicht, mich von vielem zu trennen. Schliesslich konnte ich nicht alles mit nach Mexiko nehmen.
Nur ganz wenige Dinge fehlen mir bis heute wegen ihres emotionalen Werts. Darunter ein Möbelstück, das nicht ins Gepäck passte, und eine Winterjacke, von der ich damals dachte, ich würde sie nicht mehr brauchen. Auf der anderen Seite waren da aber auch Dinge, bei denen ich mich fragte, warum ich sie überhaupt 9 Monate aufbewahrt hatte. Viele davon verschenkte ich bereitwillig weiter.
Minimalismus – Weniger ist oft mehr
Interessant war für mich zu beobachten, welche Dinge mir wirklich wichtig waren. Es waren meist persönliche Gegenstände – Fotos, Geschenke und Lieblingsstücke – und weniger Alltagsgegenstände oder Dekoration.
Als ich mich dann endgültig in Mexiko niederliess, gehörte ein Staubsauger zu den ersten Dingen, die ich mir kaufte. Auch die Küche war eher spärlich ausgestattet, weshalb bald eine Schüssel und ein paar Pfannen hinzukamen. Und das Allerwichtigste: Stricknadeln, Pinsel und Bastelutensilien mussten auch schnell wieder her. Dennoch lebten wir über ein Jahr lang mit einem recht minimalistischen Haushalt.
Rückblickend fand ich diese Zeit sehr angenehm. Weniger Dinge bedeuteten weniger Unordnung, weniger Staubfänger und weniger Aufwand beim Putzen.
Mehr Platz, mehr Dinge – und warum das oft gar nicht nötig ist
Erst als wir in eine grössere Wohnung zogen, kamen mehr Dinge dazu: ein Wasserkocher, ein Schreibtisch, ein Wäscheständer und viele andere Kleinigkeiten. Das Muster ist klar – je mehr Platz man hat, desto mehr sammelt man an.
Doch seien wir ehrlich: Die meisten Dinge kaufen wir nicht aus Notwendigkeit, sondern weil sie verfügbar sind und wir die Mittel dazu haben. Muss man wirklich für alles ein spezielles Gerät besitzen, das man nur einmal im Jahr benutzt? Häufig reichen die Basics völlig aus – oder man findet andere Lösungen, wie Handarbeit oder kreatives Improvisieren.
Die Qual der Wahl – Ein Blick auf Konsumkultur
Ein Gedanke, der mir immer wieder durch den Kopf geht, betrifft die riesige Auswahl, die wir in manchen Ländern haben. In der Schweiz fiel mir das besonders auf – zum Beispiel bei einem so simplen Produkt wie Zucker.
Es gibt Rohrzucker, weissen Zucker, Stevia, Birkenzucker, Würfelzucker, Kandiszucker und sogar Zucker in Herzform. In ärmeren Ländern sieht das oft anders aus. Dort findet man vielleicht eine Sorte Zucker, meist im Kilopack. Und man arrangiert sich.
Das Gleiche gilt für andere Bereiche: In einigen Ländern werden kaputte Elektrogeräte repariert, während sie anderswo oft sofort durch neue ersetzt werden.
Fazit – Was braucht man wirklich?
Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass man viel weniger braucht, als man denkt. Minimalismus bringt nicht nur Ordnung, sondern auch Klarheit darüber, was einem wirklich wichtig ist.
Ob beim Auswandern oder einfach beim Frühjahrsputz – manchmal lohnt es sich, innezuhalten und sich zu fragen: Brauche ich das wirklich?
Praktische Tipps für bewussteren Konsum und Minimalismus:
1. Die 30-Tage-Regel anwenden:
Wenn du etwas kaufen möchtest, warte 30 Tage und überlege dann noch einmal, ob du es wirklich brauchst. Oft vergeht der Wunsch von allein.
2. Eins-gegen-eins-Regel:
Jedes Mal, wenn du etwas Neues kaufst, trenne dich von einem alten Gegenstand. So verhinderst du, dass sich zu viele Dinge ansammeln. Das mache ich zum Beispiel mit den Klamotten so.
3. Reparieren statt neu kaufen:
Überlege, ob kaputte Dinge repariert werden können, bevor du sie ersetzt.
4. Multifunktionale Gegenstände bevorzugen:
Statt viele spezielle Geräte zu kaufen, entscheide dich für Dinge, die mehrere Funktionen erfüllen.
5. Kisten-Test für Unentschlossenheit:
Packe Dinge, bei denen du unsicher bist, ob du sie behalten möchtest, in eine Kiste. Wenn du sie nach 6 Monaten nicht vermisst, kannst du sie verschenken oder verkaufen.
6. Minimalismus schrittweise umsetzen:
Man muss nicht alles auf einmal ausmisten. Fange mit einer Kategorie an (z. B. Kleidung oder Küchenutensilien) und arbeite dich langsam vor.
Habt ihr schon mal ausgemistet und euch freier gefühlt?